Nationale Drehscheibe Ammoniak

Reduktion der Ammoniakverluste aus der Landwirtschaft

Massnahmen Hofdünger

Das Umweltziel Landwirtschaft bezüglich Ammoniak ist trotz der Umsetzung von Ammoniak-Ressourcenprojekten in 21 Kantonen bei weitem nicht erreicht. Zahlreiche Kantone diskutieren deshalb, mit welchen Massnahmen die Emissionen weiter gesenkt werden sollen. Mehrere Kantone setzen Massnahmenpläne Luft um, die auch Massnahmen zur Reduktion landwirtschaftlicher Ammoniakemissionen beinhalten. Der Vollzug der Massnahmen erfolgt durch die kantonalen Fachstellen für Strukturverbesserungen.

 Pflicht: Gemäss Luftreinhalteverordnung (LRV) ist die Abdeckung von Güllelagern ab 1. Januar 2022 und das Ausbringen der Gülle mit emissionsmindernden Verfahren ab 1. Januar 2024 Pflicht. Weitere Informationen zum Vollzug Schleppschlauch.

Die Liste unten zeigt auf, ob und wenn ja welche Massnahmen im Bereich Hofdünger heute (Stand Februar 2024) von Bund, Forschung und Kantonen zur Umsetzung empfohlen werden. Damit sich die Wirkung der aufgeführten Massnahmen optimal entfalten kann, macht es Sinn die gesamte Hofdüngerkette zu berücksichtigen. Die Massnahmenliste wird laufend von Forschung und Behörden geprüft und nachgeführt.

Die Massnahmen werden jeweils in die folgenden drei Kategorien aufgeteilt:

  1. Von Bund und Forschung generell zur breiten Unterstützung ohne Einzelfallprüfung in der Schweiz empfohlene Massnahmen
  2. Von Bund und Forschung nach vorgängiger fallspezifischer Prüfung zur Umsetzung in der Schweiz empfohlene Massnahmen (In der Regel ist eine fachliche wissenschaftliche Begleitung durch eine anerkannte Forschungsinstitution oder Fachbehörden nötig)
  3. Von Bund und Forschung zurzeit in der Schweiz nicht zur Umsetzung empfohlene Massnahmen (Emissionsreduktion ist nicht wissenschaftlich bestätigt, die Erfahrungen in der Praxis fehlen oder andere Gründe wie bspw. hoher Energiebedarf sprechen dagegen)
  • Alle
  • Umsetzung empfohlen
  • Umsetzung fallspezifisch
  • Umsetzung nicht empfohlen

Häufiges Entmisten

Begründung und Bemerkungen
Die Reinigung eines planbefestigten Bodens an sich ohne weitere Massnahmen hat möglicherweise keinen Einfluss auf die NH3-Emissionen aus einem Laufstall oder Laufhof [1-4]. Entscheidend für die NH3-Freisetzung ist, dass der Harn sofort in ein geschlossenes Güllelager abfliessen kann. Aus Gründen der Tiersauberkeit und Klauengesundheit ist häufiges Entmisten jedoch generell zu empfehlen.

Agroscope variiert bei den Untersuchungen im Emissionsversuchsstall u.a. auch die Schieberfrequenz auf planbefestigten Laufflächen. Anfang 2018 sind noch keine keine Ergebnisse bekannt.

Ansäuerung der Gülle

Minderungsprinzip und Beschreibung
Ziel ist das Absenken des pH-Werts der Gülle auf einen Wert von rund 5.5. In diesem pH-Bereich liegt der Ammoniak grösstenteils als nichtflüchtiges Ammonium vor und verbleibt in der Gülle. Die Ansäuerung kann im Stall, bei der Lagerung oder bei der Ausbringung erfolgen.

Begründung und Bemerkungen
Grundsätzlich wurde die emissionsmindernde Wirkung von der Forschung bestätigt. Eine Literaturstudie zur Ansäuerung von Gülle ist an der HAFL durchgeführt worden (Auftraggeber BAFU, siehe Link unten). Die Studie bestätigt das Potenzial dieser Massnahme. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Ansäuerung ist jedoch, dass die Exkremente unmittelbar nach der Ausscheidung in ein Milieu mit niedrigem pH-Wert gelangen. Dies dürfte in der Praxis für Rindvieh nur bei Systemen mit raschem Harnabfluss (planbefestigten Böden mit Quergefälle und alle zwei Stunden automatisch laufenden Schieber) oder einem gut gereinigten Vollspaltenboden gegeben sein. Auf den Stufen Lagerung und Ausbringung von Gülle beträgt die Emissionsminderung für NH3 rund 50 % bis mehr als 90 % bzw. 50 bis 60 %, wobei in einigen Versuchen auch niedrigere Werte gemessen wurden.

Diese Massnahme kann mit Finanzhilfen von Bund und Kanton gefördert werden. Nähere Informationen geben die zuständigen kantonalen Vollzugsstellen für Strukturverbesserungen.

Die Umsetzung der Massnahme Güllansäuerung ist mit erheblichem technischem und organisatorischen Aufwand verbunden, zudem müssen spezifische Sicherheitskonzepte umgesetzt werden. Sie ist deshalb nicht für jeden Betrieb zu empfehlen. Die Einführung des Ansatzes in die Schweizer Praxis soll gemäss BLW behutsam und fachlich eng begleitet erfolgen.

Auf dem Holzhof in Neuenkirch LU wurde im Jahr 2021 die erste Pilotanlage der Schweiz in Betrieb genommen. Angesäuert wird die Gülle eines neuen Mastschweinestalles mit rund 400 Plätzen und die Gülle des bestehenden, modifizierten Milchviehstalles. Die HAFL begleitet den Betrieb in den nächsten Jahren wissenschaftlich. Untersucht werden unter anderem Fragen zur Arbeitssicherheit- und Arbeitswirtschaft, sowie die Auswirkungen der angesäuerten Gülle auf die Pflanzen und den Boden.
Mehr dazu erfahren Sie unter der Rubrik Praxisbeispiele "Gülleansäuerung" (Portrait mit Film).

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Artikel LANDfreund 2021
Gutachten im Auftrag des Umwelt Bundesamtes Deutschland
Studie HAFL zu Gülleansäuerung

Separierung von Gülle in Dünngülle und Feststoffe

Minderungsprinzip und Beschreibung
Mit der Gülleseparierung wird die Fest- und Flüssigphase der Gülle getrennt. Das Minderungsprinzip liegt nicht bei der Gülleseparierung an sich. Die flüssige Phase ist aber für die Ausbringung mit den emissionsmindernden Ausbringverfahren wie Schleppschlauch oder Schleppschuh in der Anwendung einfacher zu handhaben als unbehandelte Gülle. Ausserdem dringt Dünngülle schneller in den Boden ein, somit verkürzt sich die mögliche Zeitdauer von Emissionen.

Begründung und Bemerkungen
Es gibt keine gesicherten wissenschaftlichen Daten zur emissionsmindernden Wirkung über die ganze Hofdüngerkette (vgl. Studie HAFL), daher wird die Gülleseparierung im Hinblick auf eine Emissionsreduktion nicht generell zur Umsetzung empfohlen. Eine gewisse Reduktion der Emissionen ist zu erwarten, wenn die folgenden Punkte erfüllt sind:

  • Die flüssige Phase wird mit emissionsmindernder Technik ausgebracht.
  • Sofortiger Transport der festen Phase in eine Biogasanlage und dort möglichst rasche Einspeisung in den Fermenter (d.h. möglichst ohne Zwischenlagerung auf der Biogasanlage),
  • oder die feste Phase wird in einem geschlossenen Raum/Bunker/Behälter oder abgedeckt mit einer undurchlässigen Folie gelagert oder sofort ohne Zwischenlagerung ausgebracht. Nach der Ausbringung soll sie möglichst rasch eingearbeitet werden.
  • Keine Verwendung der festen Phase als Einstreumaterial von Liegeboxen (wegen Abbau und Erwärmung des Materials und damit verbundenen Ammoniakemissionen).

 

Downloads
KOLAS Schlussdokument
Separierung von Gülle und ihr Einfluss auf Ammoniakemissionen
Studie HAFL 2015

Güllezusätze

Minderungsprinzip und Beschreibung
Güllezusätze können je nach Wirkungsweise in drei Gruppen eingeteilt werden:

  • Hemmung mikrobieller Umsetzungen in der Gülle 
  • Förderung und Steuerung der mikrobiellen Umsetzungen der Gülle
  • Beeinflussung der mikrobiellen Umsetzungen in der Gülle über "feinstoffliche Informationen"


Begründung und Bemerkungen
Gemäss dem KOLAS-Arbeitsgruppe Dokument "Allgemeine Anforderungen an Gesuche für einzelbetriebliche Massnahmen", ist die Wirkung betreffend Ammoniak nicht wissenschaftlich belegt. Die Internationale Bodenseekonferenz hat Informationen zum Stand des Wissens bezüglich Güllezusätzen zusammengetragen.

Downloads

  • Güllezusätze und deren Emissionsminderungspotenzial, HBLFA Raumberg-Gumpenstein 2024: Hier
  • Reduktion von Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft Güllezusätze, IBK Arbeitsgruppe Landwirtschaft und Umweltschutz 2009: Hier

Diskussionsbeitrag Pflanzenkohle und Ammoniakemissionen

Pflanzenkohle basierend auf der Pyrolyse von Biomasse wird oft eine Wirkung zur Reduktion von Ammoniakemissionen bei Verfütterung an Nutztiere, bei Zugabe zu Hofdüngern oder Ausbringung auf den Boden zugeschrieben. In einer Literaturstudie hat die Nationale Drehscheibe Ammoniak den Stand des Wissens hinsichtlich Reduktion von Ammoniakemissionen durch Verwendung von Pflanzenkohle in der Hofdüngerkaskade dokumentiert.

Vom Prinzip her ist eine emissionsminderne Wirkung von Pflanzenkohle im Hinblick auf Ammoniakemissionen möglich, da Pflanzenkohle eine grosse Oberfläche hat, an welche sich die Ausgangssubstanzen von Ammoniak anlagern können. Die Datenlage in der wissenschaftlichen Literatur ist aber unklar und zum Teil auch widersprüchlich, wobei teilweise eine deutliche Minderung von Ammoniakmissionen gefunden wird. Ein eindeutiger Trend in Richtung Emissionsreduktion liegt jedoch nicht vor. Vorliegende Publikationen basieren überwiegend auf Untersuchungen im Labormassstab, die Machbarkeit in der Praxis muss noch geprüft werden.   

Eine Schwierigkeit liegt auch darin, dass die Eigenschaften und die Anwendung von Pflanzenkohle im Hinblick auf eine Reduktion von Ammoniakemissionen unklar bzw. nicht definiert sind. Pflanzenkohle kann aus verschiedenem Ausgangsmaterial und bei unterschiedlicher Pyrolysetemperatur hergestellt werden. Diese Eigenschaften der Pflanzenkohlen dürften für einen Effekt hinsichtlich Emissionsreduktion wichtig sein. Dazu liegen aber derzeit nur ungenügende Informationen vor.

Gemäss aktuellem Kenntnisstand kann der Einsatz von Pflanzenkohle in der Tierproduktion nicht als Technik zur Minderung von Ammoniakemissionen in der Hofdüngerkaskade (Fütterung, Weide, Stall/Laufhof, Hofdüngerlagerung/-ausbringung) betrachtet werden. Obwohl unsere Literaturstudie aufgrund der Fülle an Literatur zu diesem Thema keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat, kann diese Schlussfolgerung gemäss dem aktuellen Wissensstand als gültig betrachtet werden. Die Literaturstudie hat gezeigt, dass kaum Studien vorliegen, welche für Praxisbedingungen repräsentativ sind, bzw. welche nach dem aktuellen Stand des Wissens für den Wirkungsnachweis einer Technik zur Reduktion von Ammoniakemissionen erforderlich sind

Zurzeit betrachtet die Nationale Drehscheibe Ammoniak den Wissenstand als ungenügend für eine Empfehlung hinsichtlich Pflanzenkohle und Reduktion der Ammoniakemissionen als grün, orange oder rot.

Beim Vorliegen neuer, relevanter Erkenntnisse wird die Nationale Drehscheibe Ammoniak die vorliegende Bewertung darauf basierend überprüfen.

Diese Aussagen beziehen sich nicht auf andere Wirkungen von Pflanzenkohle, sondern ausschliesslich auf die Wirkung im Hinblick auf Reduktion der Ammoniakemissionen.

Links:

  • Literaturstudie Drehscheibe: Hier
  • Pflanzenkohle in der Schweizer Landwirtschaft Risiken und Chancen für Boden und Klima, Faktenblatt BAFU, BLW, AGIR 2023: Hier
  • Pflanzenkohle in der Landwirtschaft, Agroscope 2021: Hier

 

Literaturhinweise bei einzelnen Massnahmen verweisen auf die Literaturliste.